Die wichtigsten Werkzeuge in der Marktgärtnerei: Von Broadfork bis Einachser
Was braucht es, um mit der Marktgärtnerei zu starten?
Nicht viel. Zumindest was die Werkzeugausstattung betrifft. Während der Know-How-Bedarf für den Betrieb einer Marktgärtnerei durchaus beträchtlich sein kann, ist der Investitionsbedarf für Werkzeuge und Maschinen relativ gering. Je nach gewählter Bewirtschaftungsweise - “No Dig”, “Low Till” oder irgendetwas dazwischen - unterscheidet sich zum Teil auch die erforderliche Werkzeugausstattung und das nötige Budget. Dieser Artikel soll einen Überblick über die verschiedenen Zugänge zur Bodenbearbeitung und die wichtigsten Werkzeuge in der Marktgärtnerei geben.
No Dig oder Low Till
Der Aufbau und Erhalt eines gesunden Bodens hat in der Marktgärtnerei grundsätzlich oberste Priorität. Hinsichtlich der Art der Bodenbearbeitung lassen sich die meisten Marktgärtnereien grob in zwei Ansätze unterteilen: „Low Till“ und „No Dig“. Bei beiden Ansätzen wird mit 75 bzw. 80 cm breiten Dauerbeeten gearbeitet. Diese Beete werden einmal angelegt, um dann für mehrere Jahre an derselben Stelle bestehen zu bleiben. Betreten werden möglichst nur die dazwischenliegenden Wege.
Das unterscheidende Kriterium ist jedoch die Intensität der Bodenbearbeitung. Während bereits in der „Low Till“-Strömung möglichst bodenschonend gearbeitet wird, versucht man bei „No Dig“ noch einen Schritt weiter zu gehen und eine Bearbeitung des Bodens möglichst ganz zu vermeiden. Die Übergänge zwischen den beiden Bodenbearbeitungskonzepten verlaufen allerdings fließend und viele Betriebe arbeiten mit verschiedenen Kombinationen der beiden „Schulen“, eine klare Trennung ist daher nur in der Theorie möglich.
Low Till
Der Begriff „Low Till“ ist nicht eindeutig definiert, kann aber im Grunde für nahezu alle Marktgärtnereien angewandt werden, die ihre Bodenbearbeitung mithilfe eines Einachsschleppers (BCS oder ähnliche Hersteller) durchführen. Dabei kommen meist Kreiselegge und/oder Fräse zum Einsatz. Je nach Bodenbeschaffenheit, Kultur und Zielsetzung des Betriebs können diese Geräte unterschiedlich tief in den Boden eingreifen.
In der Regel wird hier zwischen 5 und 15 cm tief gearbeitet. Durch das geringe Gewicht des Einachsschleppers erfolgt die Bearbeitung des Bodens zwar ohne starke Verdichtungen, die Eingriffe in Bodenstruktur und Bodengefüge sind aber mitunter trotzdem stark. Vor allem aufgrund der schnelldrehenden Werkzeuge bei Fräse und Kreiselegge kann es im Laufe der Jahre zu einer zunehmenden Zerschlagung der Krümelstruktur kommen, die in weiterer Folge Erosion befördern kann. Mehrmalige Bearbeitungsdurchgänge auf derselben Fläche im Laufe eines Jahres können diese Problematik noch verstärken.
Vorteile der „Low Till“-Systeme sind der geringere Zeitbedarf für Beet- und Flächenvorbereitung, die Teilmechanisierung des Beikrautmanagements (mittels Fräse oder Kreiselegge) und eine geringere Gefahr der Versalzung des Bodens im Vergleich zu den großen Kompostmengen, wie sie im No Dig Anbau eingesetzt werden.
Nachteile sind die höheren Investitionskosten für die Anschaffung des Einachsers samt Geräten, die tendenziell intensiveren Eingriffe in den Boden und damit potenziell eine sukzessive Verschlechterung der Bodenstruktur und eine zum Teil erhebliche Störung des Bodenlebens.
No Dig
Unter „No Dig“ versteht man eine spezielle Methode des Gemüseanbaus, bei der auf ein Umgraben und Bearbeiten des Bodens weitgehend verzichtet wird. In der klassischen Ausprägung dieses Anbaukonzepts kommen stattdessen große Mengen Kompost (ca. 10- 15cm) zum Einsatz, die oberflächlich auf den Mutterboden aufgebracht werden. Zu den erlaubten Kompostmengen gibt es gesetzliche Richtlinien (Richtlinien für die sachgerechte Düngung im Garten- und Feldgemüsebau, Nitrat-Aktionsprogramm Verordnung [NAPV2023], EU-Bioverordnung [EG 834/2007], Bio-Austria Produktionsrichtlinien usw.).
Die Bodenbearbeitung beschränkt sich auf die obersten 2-3 Zentimeter (z.B. flach arbeitende Akku-Fräsen wie der „Tilther“, Unkrauthacken, Sämaschinen usw.), Einachsschlepper kommen hier für die Bodenbearbeitung meist nicht zum Einsatz. Ziel ist es, den Boden möglichst wenig zu stören und seinen natürlichen Aufbau zu erhalten. Der Verzicht auf Bodenbewegung verhindert außerdem, dass die im Boden vorhandenen Unkrautsamen an die Oberfläche befördert und zum Keimen angeregt werden. In Kombination mit der vergleichsweise dicken Kompostauflage kann damit der Unkrautdruck durch Samenunkräuter (!) erheblich reduziert werden. Sind auf der Fläche allerdings große Mengen an Wurzelunkräutern (Quecke, Giersch, Löwenzahn, Ampfer etc.) vorhanden, muss im Vorfeld die Fläche für mindestens 12 Monate durchgehend mit Kunststoffplanen abgedeckt werden (Tarping). Erst nach etwa einem Jahr Lichtentzug sind auch hartnäckige Wurzelunkräuter gänzlich abgestorben - die Voraussetzung für einen erfolgreichen No Dig Anbau.
Mittlerweile gibt es die verschiedensten Abwandlungen des klassischen No Dig Konzepts. So kommen beispielsweise auch andere Mulchmaterialien (statt oder zusätzlich zu Kompost) zum Einsatz oder die Kompostmengen werden reduziert. Der weitgehende Verzicht auf intensive mechanische Bearbeitung des Bodens ist jedoch allen Varianten gemein, wobei auch hier bei Bedarf ein nicht-wendendes Lockern des Bodens mittels Broadfork von einigen Betrieben praktiziert wird.
Je nach Art des Mulchmaterials bzw. je nach Kompostzusammensetzung kann es zu einer hohen Nährstoffzufuhr und - vor allem bei schlechten Kompostqualitäten - zum Eintrag großer Mengen von Mikroplastik kommen. Es ist noch weitere Forschungsarbeit notwendig, um zu untersuchen, ob es durch die mitunter großen Kompostmengen zu einer Nährstoffverlagerung in den Unterboden und in weiterer Folge zu einer Nitratbelastung im Grundwasser kommen kann.
Vorteile sind der geringere Aufwand im Beikrautmanagement (vorausgesetzt, die Fläche ist frei von Wurzelunkräutern), die geringeren Investitionskosten für Maschinen und tendenziell mehr Bodenschonung.
Nachteile sind höhere Kosten für das Mulchmaterial und – im Fall von dicken Kompostschichten - möglicherweise das Risiko einer zunehmenden Versalzung der Böden.
Der Werkzeugkasten für Marktgärtner*innen
Seit der Wiederentdeckung des biointensiven Gemüseanbaus durch Eliot Coleman in den 70er und 80er Jahren in den Vereinigten Staaten bis heute wurden unzählige Handwerkzeuge für die besonderen Anforderungen der Marktgärtnerei entwickelt. Sie alle haben das Ziel, die mitunter harte Arbeit in der Marktgärtnerei zu erleichtern und möglichst effizient zu gestalten. Aber nicht alles, was heute an Kleingeräten auf dem Markt zu finden ist, bewährt sich auch wirklich in der Praxis. Und nicht selten verstauben einige der gekauften Geräte bald im Geräteschuppen, weil sie für den vorgesehenen Einsatzzweck doch nicht geeignet sind oder schlichtweg von besseren Geräten ersetzt wurden.
Die Erfahrung vieler Marktgärtner*innen hat gezeigt: Weniger ist oft mehr. Eine überschaubare Anzahl der richtigen Werkzeuge genügt oft schon, um die meisten Arbeiten erledigen zu können. Hier deshalb eine Liste der wichtigsten und meist gebrauchten Kleingeräte für die Marktgärtnerei - unterteilt in drei Kategorien: Bodenbearbeitung, Direktsaat & Pflanzung sowie Beikrautregulierung.
Die Übersicht stellt exemplarisch Geräte verschiedener Hersteller vor und möchte keine Werbung oder Empfehlung für bestimmte Hersteller abgeben. Alle angeführten Werkzeuge können grundsätzlich bei beiden Bodenbearbeitungskonzepten (No Dig und Low Till) zum Einsatz kommen, wobei sich in erster Linie Bearbeitungsintensität und Bearbeitungstiefe unterschieden. Lediglich der Einachsschlepper - und damit die größte Maschinen-Investition - fällt beim No Dig Anbau oft weg. Wenn überhaupt wird er hier meist nur in Kombination mit dem Schlegelmulcher zum Begrünungsmanagement oder zum Mähen der umliegenden Grünflächen verwendet.
Bodenbearbeitung
Direktsaat & Pflanzung
Beikrautregulierung
Die Grundausstattung
Die Liste ist dann doch gar nicht so kurz. Und das Angebot am Markt noch viel größer. Je nach Zielsetzung und Betriebsausrichtung braucht es für den Start aber tatsächlich nur eine überschaubare Anzahl an Werkzeugen, um die wichtigsten Arbeiten in der Marktgärtnerei durchführen zu können. Hier lohnt es sich, im Vorfeld einige Zeit zu investieren, um Arbeitsweise und Werkzeuge verschiedener Betriebe kennenzulernen - um dann eine fundierte Entscheidung für das eigene Bewirtschaftungskonzept treffen zu können. Auch der Austausch mit erfahrenen Praktiker*innen, Werkzeug-Tutorials im Internet und die Teilnahme an Kleingeräte-Vorführungen, wie sie von Zeit zu Zeit von Bionet, FiBL, LK, BIO AUSTRIA oder anderen Organisationen angeboten werden, lohnen sich jedenfalls.
Bei der Anschaffung der Werkzeug-Grundausstattung dürfen sich Neugründer*innen bewusst auf das Wesentliche konzentrieren und daraufhin im praktischen Tun genau beobachten, wo sich weitere Investitionen - im Hinblick auf Arbeitsergonomie, Arbeitswirtschaftlichkeit oder Qualitätssteigerung - lohnen würden. Mit Folientunnel, Bewässerung, Kulturzubehör, Erntewerkzeug, Wasch- und Pack-Infrastruktur, Arbeitskleidung, Transportgeräten usw. gibt es ja schließlich noch einige weitere Anschaffungen, die für den erfolgreichen Betrieb einer Marktgärtnerei nötig sind. Das Erfolgsrezept für eine gelungene Zusammenstellung der Grundausstattung: Praxiserfahrung, Austausch und ein sauber aufgestelltes Budget.
Fotos, wenn nicht anders angegeben: Johannes Pelleter / OG Marktgärtnerei