Roller Crimper Methode in der Marktgärtnerei: Direktpflanzung in eine winterharte Begrünung

Zucchini werden direkt in den niedergedrückten und für vier Wochen abgedeckten Roggenbestand gepflanzt. (Foto: Klaus Schmid)

 

Technik aus dem Bio-Ackerbau, übersetzt für die Marktgärtnerei

In seiner Marktgärtnerei “Klauserei” praktiziert Klaus Schmid seit Jahren eine spannende Technik, die man bisher eher aus dem Ackerbau kannte: eine leicht adaptierte Version der Roller Crimper Methode. Diese Methode wurde ursprünglich am US-amerikanischen Rodale Institute entwickelt, einer der weltweit ersten Forschungseinrichtungen für biologischen Landbau. Das Ziel war es, eine Form der Direktsaat für den Bio-Ackerbau zu entwickeln, die ohne Herbizide funktioniert. 

Dabei wird im Herbst eine winterharte Begrünung gesät, die möglichst viel Biomasse bildet (z.B. Grünschnittroggen, Wick-Roggen oder Waldstaudenroggen). Die Begrünung wird im folgenden Frühjahr zum Zeitpunkt der Blüte mit einer speziellen Crimper-Walze niedergedrückt und mehrmals geknickt, um den Saftstrom der Zwischenfrucht zu unterbrechen und die Pflanzen absterben zu lassen. In derselben Überfahrt wird mit der Direktsaatmaschine im Heckanbau das Saatgut von Soja, Linse, Mais o.ä. in den Boden geschlitzt. Ab diesem Moment gilt es nur noch abzuwarten, denn eine mechanischen Beikrautregulierung ist aufgrund der entstandenen Mulchauflage nicht mehr möglich und Herbizide dürfen im Bio-Landbau nicht eingesetzt werden. Soweit das Prinzip aus dem Ackerbau, das hierzulande beispielsweise auch Alfred Grand (GRAND GARTEN) auf seinen Bio-Ackerflächen anwendet.

Klaus Schmid hat die Idee aufgeschnappt und für die besonderen Bedingungen der Marktgärtnerei übersetzt. Statt mit einer am Traktor geführten Walze drückt er seinen Roggenbestand mithilfe seines eigenen Körpergewichts zu Boden. Um sicherzugehen, dass der Roggen auch ohne schwere Walze und entsprechendem Knick-Effekt verlässlich abstirbt, hilft er mit Silofolie nach. Und statt der Direktsaat von Soja oder Mais werden langstehende Kulturen wie Zucchini oder Brokkoli direkt in die entstandene Mulchschicht gepflanzt.

 

Schritt für Schritt: So macht es Klaus

  1. Zunächst sollten Beete gewählt werden, die weitgehend frei von Wurzelunkräutern wie Quecke, Distel, Giersch oder Löwenzahn sind. Sie würden selbst durch die dichteste Mulchauflage durchwachsen und können dann nur händisch und mit viel Aufwand entfernt werden. Samenunkräuter sollten gründlich gejätet werden.

  2. Anschließend wird Kompost oberflächlich auf die Beete aufgebracht. Die enthaltenen Nährstoffe werden zum Teil bereits vom Roggen genutzt, zu einem größeren Teil aber erst im folgenden Frühjahr rechtzeitig für die Folgekultur (z.B. Zucchini oder Brokkoli) freigesetzt. Das ist wichtig, damit das eher weite C/N-Verhältnis des Roggens zu keinem Stickstoffmangel bei der Folgekultur führt.

  3. Ungefähr Mitte September wird Waldstaaudenroggen (oder Grünschnittroggen) mit dem JANG Seeder 5-reihig auf die Beete gesät oder alternativ händisch in Breitsaat ausgebracht. Generell sollte eine hohe Saatstärke gewählt werden, damit der Bestand dicht genug wird. Waldstaudenroggen kann auf diese Weise im Frühjahr 2-3 Meter hoch werden und bildet entsprechend viel Biomasse, die dann als Mulch zu Verfügung steht.

  4. Klaus sät zusätzlich noch Inkarnatklee auf die Wege.

  5. Wenn sich der Roggen in der Milchreife befindet (kurz nach dem Pollenflug Ende Mai bis Anfang Juni), wird er umgedrückt. Dazu nutzt Klaus eine kaputte Broadfork, bei der die Zinken abgebrochen sind. Eine Alternative wäre ein Holzbrett, an dem an beiden Enden ein Seil befestigt wird, mit dem das Brett Schritt für Schritt weiter über den Bestand geführt und mit dem Körpergewicht auf den Roggen gedrückt wird.

  6. Nach dem Umdrücken des Roggens wird für ca. 4 Wochen Silofolie auf die Fläche gelegt. Die Folie sollte eventuell auch in der Mitte beschwert werden, um ein Wiederaufstehen des Roggens zu verhindern.

  7. Nach ca. 4 Wochen wird die Folie entfernt und händisch direkt in die entstandene Mulchschicht gepflanzt - mit der Handschaufel oder einem kleinen Erdbohrer für den Akkuschrauber. Generell empfehlen sich Kulturen mit weiten Abständen und längeren Standzeiten - z.B. ein zweiter Satz Zucchini oder späte Sätze Brokkoli oder Spitzkraut. Zur Bestimmung des Pflanzabstands spannt Klaus eine Schnur, an der er ein Maßband entlang legt.

  8. Aufkommendes Unkraut kann jetzt nur mehr händisch oder in den Wegen mit der Radhacke entfernt werden. Es lohnt sich deshalb, diese Methode nicht auf stark verunkrauteten Flächen anzuwenden.

Alternative Methode: Wenn der Unkrautdruck auf der Fläche (noch) zu groß ist oder aus anderen Gründen nicht direkt in die Mulchschicht gepflanzt werden soll, kann das Mulchmaterial nach dem vierwöchigen Abdecken mit Silofolie mit dem Rechen entfernt und als Transfermulch für andere Flächen oder für die Kompostwirtschaft verwendet werden.

 

Viele Fliegen auf einen Schlag

Mit dieser einfachen Methode lassen sich mehrere Vorteile auf einmal nutzen. Zum einen haben wir damit ein praktisches Werkzeug, um winterharte Begrünungen (die den Boden viel effektiver beleben und verbessern, aber in der Marktgärtnerei schwerer zu managen sind als absterbende Zwischenfrüchte) sinnvoll in die Fruchtfolge zu integrieren. Der Boden profitiert von einer monatelangen Durchwurzelung über den Winter, wo die Beete sonst oft leer stehen. Die Folgekultur profitiert von einem optimal belebten Boden und von einer bereits vorhandenen Mulchschicht, die stetig Nährstoffe freisetzt, die Sommerniederschläge (oder Bewässerungswasser) länger im Boden hält und den Boden im Sommer optimal kühl hält. Diese Mulchschicht kann - vorausgesetzt, die Fläche ist nicht zu stark verunkrautet - auch noch für eine zweite oder sogar dritte Kultur liegen bleiben. In diesem Fall muss ggf. bei der Pflanzung erneut Kompost beigegeben werden, um ausreichend Nährstoffe bereitstellen zu können.

In jedem Fall lohnt es sich, die für die Marktgärtnerei optimierte Roller Crimper Methode unter verschiedenen Bedingungen zu testen und vielleicht sogar weiterzuentwickeln. Der Boden wird sich bereits nach kurzer Zeit sichtlich zum Positiven verändern und sich noch in den Folgejahren mit einer verbesserten Pflanzengesundheit bedanken. Ein großes Danke geht an Klaus, der seine Erfahrungen und die vielen Fotos für diesen Beitrag mit uns geteilt hat.

 
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